Natalie

Familie S. buchte über den Reiseveranstalter I T S eine Pauschalreise nach Menorca, wo sie in dem Ort Cantules in dem Hotel Mar de Menorca untergebracht war.

 

Zwei Tage nach ihrer Ankunft am 03.08. 1999, verunfallte die damals achtjährige Natalie ( Name geändert ) schwer. Natalie und ihr Bruder liefen nach dem Frühstück in ihr Appartement um ihre Badesachen zu holen. Die Eltern der Geschwister unterhielten sich mit Bekannten auf der Terrasse. Natalie wollte aus dem Appartement heraus nach draußen zu ihren Eltern laufen - übersah aber dabei, dass die große bis zum Boden reichende Glasschiebetür geschlossen war. Natalie lief in die geschlossene Glasschiebetür des Appartement , die daraufhin zersplitterte. Das Mädchen stürzte durch den Aufprall zu Boden und zog sich gravierende, stark blutende und tiefe Schnittverletzungen im Bereich der Beine und Füße zu.

 

Ein Rettungswagen brachte die Schwerverletzte in ein ortsansässiges Krankenhaus. Doch die primäre Versorgung in dem Krankenhaus war unzureichend, so dass nach der Rückkehr nach Deutschland sofort eine erneute operative Wundversorgung mit Sehnennähten und Nervennähten sowie plastischer Rekonstruktion zerschnittener Gewebeanteile vorgenommen werden musste. Die Wundverheilung war gestört, weil über Monate immer wieder Fadenteile der Wundversorgung vom Krankenhaus auf Menorca die Wunden durchbrach. Natalie litt an erheblichen Schmerzen. Ein halbes Jahr war sie an einen Rollstuhl gebunden. Sie hatte Angst nie wieder laufen zu können. Die Mobilität ist nach wie vor eingeschränkt und die Korrektur der deutlich sichtbaren Narben kann erst erfolgen, wenn Natalie ausgewachsen ist. Seit dem Unfall leidet Sie an Angstzuständen vor großen Glasgegenständen und meidet deren Nähe.  Die Eltern von Natalie klagen. Sie forderten für ihre Tochter vom Reiseveranstalter I T S ein angemessenes Schmerzensgeld, da das Hotel nicht, wie es I T S im Reisekatalog angepriesen hatte, kindgerecht war. Die Glastür bestand nicht aus Sicherheitsglas, war nicht kenntlich gemacht ( z.B. durch Aufkleber ) und es gab keine Warnhinweise.

 

Das Landgericht Köln wies die Klage ( AZ: 25 O 646/01 ) der Familie am 02.07.2003 ab.

Die Eltern gingen in Berufung und das mit Erfolg.

Das Oberlandesgericht Köln verurteilte den Reiseveranstalter I T S am 08.03.2004 (AZ: 16 U 70/03) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Klägerin ( Natalie ) .

Begründung:

 

Die Glastür war nicht hinreichend verkehrssicher. Sie war trotz des umfassenden dunklen Edelstahlrahmens so zu kennzeichnen, dass sie – auch für Kinder - leicht zu erkennen war. Dies gilt im Hinblick darauf, dass die Ausstattung der Zimmer und Appartements des Hotels im Prospekt als kindgerecht angepriesen wurde. Es handelt sich mithin um eine Tür, die häufig benutzt wird und es ist dabei zu berücksichtigen, dass Kinder sich oft eilig und nicht mit genügender Vorsicht bewegen. Eine weitere Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht sieht das Gericht darin, dass der Reiseveranstalter sich beim Bau der Glastüranlage im Vorfeld nicht vergewissert , dass splitterfreies Glas verwendet wurde.

 

 

Eine Revision wurde vom OLG nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Doch der Reiseveranstalter I T S legte Beschwerde wegen Nichtzulassung beim Bundesgerichtshof ein. Die Beschwerde war erfolgreich und somit ist das Urteil vom OLG noch nicht rechtskräftig. Der Termin der mündlichen Verhandlung beim Bundesgerichthof in Karlsruhe findet am Dienstag, den18.07.2006, 11:00 Uhr im Saal H 223 statt. Sobald uns das Urteil in Schriftform vorliegt, werden wir es auf unserer Webseite unter Urteile veröffentlichen.

 

Evelyn Wagner 
Wernshausen, den 07.07.2006

 


 

Karlsruhe, Dienstag den 18.07.2006

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des beklagten Reiseveranstalter I T S zurückgewiesen. Dabei verwiesen die Bundesrichter darauf, dass das Hotelzimmer mit dem Zusatz "kindgerechte Ausstattung"beworben worden sei. Die Glastür hatte kein Sicherheitsglas und war nicht gesondert gekennzeichnet ( AZ: X ZR 44/04 ). Durch den Aufprall des Kindes zerbrach die Tür. Dadurch zog sich Natalie schwere Schnittverletzungen zu. Natalie, ihr Bruder und ihre Eltern waren im Gerichtssaal. Sie nahmen das Urteil mit Freude auf. Die Familie ist erleichtert, dass nun endlich nach 7 Jahren Rechtsstreit - das Verfahren zu Ende ist.

Evelyn Wagner